Zwischen den Stühlen
Zwischen den Stühlen
Kimi muss damit klar kommen, dass sein bester Freund Malte mit seiner neuen Liebe mehr Zeit verbringt, als wie mit ihm. Kimi hasst den Mann, der ihn seinen besten Freund wegnimmt. Aber geht es hier wirklich nur um die Freundschaft oder doch schon um mehr?
Die Qual der Wahl
'Hast du dich immer noch nicht entschieden, was du anziehst?' fragt mein bester Freund Malte mich.
Ich streife gerade das zehnte Shirt über meine Schultern und betrachte
meine schlanke Silhouette skeptisch im Spiegel. Kopfschüttelnd ziehe ich es wieder aus und schmeiße es wütend aufs Bett.
'Nein', quietsche ich.
Malte verdreht die Augen und zieht genervt die Zimmertür hinter sich zu.
So ein Arsch! Er kann ja auch anziehen was er will, schließlich sieht er immer gut aus.
Ich durchwühle meinen Kleiderschrank und den Stapel der Shirts, die ich schon anhalte, aber finden tue ich nichts. Dass ich meine Lieblingshose anziehe steht schon fest, nur zu einer engen Jeans passt nunmal nicht alles.
Genervt und mit freiem Oberkörper verlasse ich mein Zimmer und stürme in Maltes'.
'Ich hab nichts anzuziehen', jaule ich rum.
'Nein, natürlich nicht. Dein Kleiderschrank ist ja auch nicht voll genug', bekomme ich von Malte zur Antwort.
Dazu gibt es einen musternden und distanzierten Blick von Claas, der im Schneidersitz auf Maltes Bett sitzt.
Claas ist Maltes neuer Freund und er mag mich nicht.
Was nicht weiter schlimm ist, denn das beruht auf Gegenseitigkeit. Ich mag ihn auch nicht, um nicht zu sagen, ich hasse ihn. Schließlich nimmt er mir meinen besten Freund weg, da Malte auf einmal nur noch Augen für ihn hat.
Und wo bleibe ich bei der ganzen Sache?
'Okay Kimi, dann schau in meinen Kleiderschrank rein. Vielleicht findest du ja da etwas', schlägt Malte mir nun vor.
Ich grinse Claas triumphierend an und mache mich auch gleich an Maltes Klamotten zu schaffen. Er hat sowieso viel coolere Sachen, als ich, auch wenn ich mehr habe, sind es meist nur Schnäppchen. Malte hingegen verdient so viel Geld, dass er sich überwiegend Markensachen kauft. Er könnte sich auch locker eine eigene Wohnung leisten, ist aber wegen mir bis jetzt hier in der Wohngemeinschaft wohnen geblieben.
Ich greife nach dem Hemd, was ich bei Malte so gerne sehe und zieh es mir an.
'Na, wie sehe ich aus?', frage ich, wobei ich mich drehe und Malte einen fragenden Blick zuwerfe.
Doch der gibt die Frage einfach weiter und will von Claas wissen: 'Wie findest du es?'
'Deine Sachen sind doch immer sexy', kommt es von Claas, obwohl er mich mit seinen blauen Augen noch nicht einmal angeschaut hat. Stattdessen steht er auf, umarmt Malte liebevoll und küsst ihn zärtlich.
Mein Blick schweift weg, denn das muss ich mir nun wirklich nicht antun.
Wenn Claas mich so sexy findet, dann wäre es doch besser, wenn ich...
'Ich zieh doch lieber was anderes an', sage ich spontan.
'Nichts da', protestiert Malte, wobei er sich etwas unsanft von Claas getrennt hat. 'Wir sind sowieso schon spät dran. Du bleibst so!'
Und das Ende vom Lied ist, dass Claas ein breites Grinsen auf den Lippen hat, weil ich mich geschlagen geben muss.
Wir fahren mit Maltes Auto und Claas schiebt die Sitzlehne zurück und hält mir die Tür auf. War ja klar, dass er vorne sitzen will.
Gerade will ich ansetzen, um mit ihm zu diskutieren, da macht Malte mich an: 'Einsteigen!'
Ich zucke vor Schreck zusammen und steige niedergeschlagen Hinten ein, während Claas wieder grinst.
Die Autofahrt sollte eigentlich nur eine viertel Stunde dauern, doch es kommt mir wie eine Ewigkeit vor. Wenn ich mit Malte alleine zu der Party eingeladen wäre, würde ich viel bessere Laune haben und mich mehr darauf freuen. Aber so muss ich mit Claas in Maltes pinken Mini Cooper sitzen und seine Schwärmerei mit anhören.
'Deine kurzen Haare finde ich echt viel süßer, als die mittellangen. Wenn ich dir den Hinterkopf kraule sind die so schön weich', kommt es von Claas, während er mit seiner Hand durch Maltes mittelbraune Haare fährt.
Ich fand die längeren Haare besser, die hingen ihm immer so niedlich ins Gesicht, vor allem nach dem Duschen.
'Dann hat sich der überteuerte Friseurbesuch ja gelohnt', gibt Malte ihm zur Antwort und schenkt ihn sein tollstes Lächeln.
'Du wirkst so gleich viel Männlicher', haucht Claas ihm jetzt ins Ohr, wobei er sich über die Lippen leckt und mir einen verruchten Blick zuwirft.
Am Liebsten würde ich ihn jetzt würgen, doch leider kommt das in so einem engen Wagen nicht gut. Außerdem müsste ich damit rechnen, dass Malte mich kurzerhand aus dem Auto wirft und ich laufen darf.
'Claas, nicht während der Autofahrt', ermahnt Malte seinen Freund, da dieser seine Hände nicht bei sich behalten kann.
'Hallo... Ich bin auch noch da!', protestiere ich und werfe Claas einen giftigen Blick zu.
'Hab dich glatt vergessen', kommt es unschuldig von dem.
'Ja, du bist so ruhig, da kann man dich glatt übersehen', lächelt Malte mich über den Rückspiegel hinweg an, wobei seine braunen Augen leuchten.
'Es reicht ja, wenn einer für Unterhaltung sorgt. Auch wenn es eher ein langweiliges Programm ist', zische ich und schaue dabei Claas an. Der will auch gleich etwas sagen, doch kommt Malte ihm mal wieder zuvor.
'Kimi, jetzt reicht es aber. Sei nett zu Claas,schließlich ist er auch nett zu dir!'
Wo das denn bitte? Aber was tut man nicht alles, um seinen besten Freund glücklich zu machen. Also verschränke ich die Arme und schmolle erst einmal.
Auch den Rest der Fahrt schweige ich und auch Claas ist ruhig geworden, weshalb Malte wohl auch die Musik lauter stellt.
Als wir endlich ankommen, ist es schwierig einen Parkplatz zu finden und Malte lässt uns vorm Eingang raus.
'Geht ihr schon mal rein. Ich schaue weiter hinten nach, ob ich da noch irgendwo parken kann', sagt Malte, bevor ich die Tür zuschlage.
Na super, jetzt darf ich mit Claas reingehen – wie ich mich freue!
Während meine hellgrünen Augen den Mini noch hinterher schauen, der langsam die Straße langfährt, fühle ich mich schuldig, weil ich so lange gebraucht habe. Auch wenn es ein kleines Auto ist, braucht es trotzdem einen Parkplatz und hätte ich nicht so ewig gebraucht, etwas passendes zum Anziehen zu finden, wären noch genügend Parkmöglichkeiten frei gewesen.
Als ich mich zu Claas umdrehe, sehe ich den blonden Lockenkopf bereits an der Tür stehen und er hat sogar schon geklingelt.
Von warten hält der wohl nichts?
Gerade noch rechtzeitig erreiche ich die Tür, bevor sie ins Schloss fällt und gehe hinein. Drinnen tobt der Bär – Laute Musik, viele Leute und eine volle Garderobe. Da ich keine Jacke zum Aufhängen mitgenommen habe, nutze ich die Gelegenheit, um einen prüfenden Blick in den Spiegel zu werfen, der auch im Flur hängt. Langsam fahre ich mit meiner Hand durch meine blonden, mittellangen Haare, die wild abstehen und eigentlich immer perfekt sitzen.
Für einen Moment überlege ich, ob ich auf Malte warten sollte, entschließe mich dann aber doch weiter zu gehen. Claas ist auch irgendwo im Getümmel unterwegs und so schiebe ich mich durch die Menge, auf der suche nach einem gekannten Gesicht.
Da es ein Freund von Malte ist, der die Party gibt, kenne ich nur wenige, weil Malte einen guten Job hat und ich nur ein kleiner Student bin,der sein Studium und die Wohnung von seinen Eltern finanziert bekommt. Malte arbeitet bei einer Bank und so nehme ich an, dass auch die meisten hier Tagsüber Anzugträger sind. Claas hat er übrigens dort kennengelernt, da der vor ein paar Wochen umgezogen ist und deshalb auch jetzt bei Maltes Bank arbeitet.
Endlich habe ich jemanden gefunden, den ich kenne oder sollte ich besser sagen, er hat mich gefunden?
Dass es aber ausgerechnet mein Exfreund Till sein muss, passt mir eigentlich gar nicht.
Ausgerechnet mein Exfreund
'Na', begrüßt Till mich. 'Siehst gut aus.'
Leider muss ich das gleiche von ihm behaupten. Er sieht nach Erholung aus, als wäre er im Urlaub gewesen. Seine Haut schimmert leicht gebräunt, was seine hellblauen Augen nur noch mehr hervorhebt. Außerdem trägt er seine fast schwarzen Haare jetzt etwas länger.
'Hey', ringe ich mir ein Lächeln ab. 'Was machst du denn hier?'
Geschickt versuche ich meine Unsicherheit zu überspielen.
Warum ist das eigentlich immer so ein komisches Gefühl seinem Exfreund zu begegnen?
'Bestimmt das gleiche wie du', kommt es mit einem breiten Grinsen auf den Lippen von Till. Seine schönen, roten, vollen Lippen formen die Worte wie in Zeitlupe für mich und für einen kleinen Moment vergesse ich alles um mich herum.
Ich frage mich gerade weswegen noch mal Schluss war zwischen uns, da ich ihn immer noch wahnsinnig anziehend finde. Meine Blicke wandern über seinen Körper, genießen den Einblick das sein leicht geöffnetes Hemd bietet und zaubern mir die Röte ins Gesicht.
'Alles klar mit dir?', reißen mich Tills Worte aus meinem Tagtraum. 'Du siehst nicht gut aus.'
Dann spüre ich seinen starken Arm um meine Taille und schon schiebt er mich nach Draußen an die frische Luft.
'Ist ja auch eine komische Luft drinnen. Kein Wunder bei so vielen Leuten', sagt Till nun zu mir, wobei er mich immer noch festhält.
'Geht es jetzt wieder?', fragt er mich noch, doch das bekomme ich schon gar nicht mehr richtig mit, da Malte gerade auf uns zu kommt.
'Ich dachte du bist schon längst drinnen', kommt es von Malte, dessen Blick an Till hängen bleibt.
Ein zaghaftes 'Hallo' bringt Till hervor und auch Malte zwingt sich zur Höflichkeit, da er sich noch zu gut daran erinnert wie ich gelitten habe, als zwischen mir und Till Schluss war.
'Hallo', brummt Malte und ergreift im nächsten Augenblick meine Hand, um mich mit rein zu ziehen.
Ich spüre den Druck zwischen unseren Händen und die Hitze, die sich dazwischen ansammelt. Drinnen angekommen stellt Malte mich gleich zur Rede: 'Was war das denn gerade? Kaum lässt man dich mal 5 Minuten allein, hängst du schon wieder an diesem Kerl.'
Was soll das denn nun? Dreht er jetzt völlig durch?
'Wie bist du denn drauf? Till war nur Freundlich, weil mein Kreislauf schlapp gemacht hat. Und vor allem, was heißt hier 'schon wieder'?', brülle ich Malte an und bemerke nur nebensächlich wie ruhig es um uns herum geworden ist.
'Ich wollte dich nur beschützen!', kommt es von meinem besten Freund, 'Aber anscheinend meinst du ja, auf dich selber aufpassen zu können!'
Jetzt steht auf einmal Claas neben Malte und schaut uns entsetzt an.
'Was treibt ihr hier eigentlich?', flüstert er, 'Ihr seit ja sowas von peinlich.'
'Nicht wir sind peinlich, sondern Kimi!', antwortet Malte seinem Freund, bevor er dessen Hand ergreift und die Party verlässt.
Kaum ist die Tür ins Schloss gefallen, fängt auch die Musik wieder an zu spielen und die starrenden Leute gehen wieder dem nach, was sie auch vorher getan haben.
Ich soll peinlich sein?
Warum sagt Malte das?
Geknickt verlasse auch ich das Haus und treffe unten erneut auf Till, der mit einer blutüberströmten Nase am Boden liegt.
Schnell helfe ich ihm auf und krame nach einem Taschentuch.
'Sag bitte nicht, dass das Malte war', flehe ich Till an.
Doch im gleichen Augenblick fährt Besagter mit quietschenden Reifen um die Kurve und brüllt aus seinem Fenster etwas, was ich nicht wiederholen möchte.
Leider wird mir in diesem Augenblick auch bewusst, dass ich nun keine Rückfahrmöglichkeit mehr habe und meine Jacke zu Hause liegt.
Doch das scheint zur Zeit eher nebensächlich, da Till immer noch blutet.
'Bist du mit dem Wagen?', frage ich ihn deshalb.
Er will mir auch antworten, belässt es aber dann doch, wegen des vielen Blutes, bei einem Nicken.
Nachdem ich dann noch den Autoschlüssel aus seiner Hosentaschen gefischt habe und ihn beim Einsteigen behilflich war, sowie beim Taschentücher wechseln, sind wir auch endlich auf dem Weg ins Krankenhaus.
'Geht es?', frage ich nach einer Weile besorgt und Till fängt doch tatsächlich an zu kichern.
Weshalb ich fast eine rote Ampel übersehe und hastig auf die Bremse trete.
Jetzt bekommt Till sich gar nicht mehr ein und Lacht pustend los.
'Das fragst du nun schon zum dritten Mal', platzt es aus ihm heraus und nun kann auch ich nicht mehr an mir halten und lasse meinem Lachen freien Lauf. Erst als hinter uns die Autos hupen, weil es schon lange wieder Grün ist, kriege ich mich einigermaßen wieder ein und fahre los.
Aber auch Till kommt wieder runter und beantwortet mir meine Frage, wies scheint nur allzu gerne: 'Es geht schon wieder. Schau, es hat sogar aufgehört zu bluten.' Demonstrativ reibt er mir sein Taschentuch unter die Nase, was mich erneut vom Verkehr ablenkt und ich beinahe Jemandem die Vorfahrt nehme.
'Nun sag aber mal!', brülle ich Till an und von ihm kommt nur als Antwort: 'Mal.' Weshalb wir schon wieder am Lachen sind und ich nur bete das wir heile beim Krankenhaus ankommen.
Freundschaft
Tatsächlich schaffen wir es, unversehrt zum Krankenhaus, auch wenn mein Bauch vom vielen Lachen weh tut.
Für einen kleinen Moment kommen die Gefühle für Till wieder hoch, die ich einmal für ihn empfunden habe.
'Danke,' sagt dieser zu mir, als wir am Krankenhaus ankommen, 'Nimm du ruhig mein Auto. Ich werde mir später ein Taxi rufen lassen und den Wagen die Tage bei dir abholen. So brauchst du nicht die ganze Zeit auf mich zu warten.'
Typisch Till. So hat er die Chance mich noch einmal Wiederzusehen. Dennoch nehme ich gerne sein Angebot an, da ich keine Lust habe den Rest des Abends im Krankenhaus zu verbringen.
'Okay, meine Nummer hast du noch?,' frage ich deshalb nach.
Als Antwort bekomme ich ein Nicken von meinem Exfreund und zum Abschied winkt er mir noch, bevor er reingeht.
Till fährt immer noch den gleichen alten Wagen, wie vor einem Jahr, als wir noch ein Paar waren. Der kleine weiße VW Polo klappert an allen Ecken und dennoch erfüllt er seinen Zweck. Ich möchte wetten im Aschenbecher liegen noch die gleichen Zigarettenstummel drin, genauso wie der Spiegel wohl nie geputzt wurde und die Armatur noch keinen Staublappen gesehen hat.
Aber so ist mein Exfreund nunmal.
In der Hinsicht war er nie der sauberste und Geld gibt er nur für sinnvolle Dinge aus und so ist ein Auto eben nur ein Gebrauchsgegenstand für ihn.
Trotz allem bringt mich die Klapperkiste heile nach Hause und ich schließe nervös die Tür auf.
Aber es scheint niemand da zu sein - Hätte mich auch sehr gewundert. Vermutlich haben sich die Beiden bei Claas verkrochen und schmollen nun. Mir soll es egal sein, so habe ich wenigstens meine Ruhe.
So lasse ich mich in der Stube auf dem Sofa fallen und zappe durchs Abendprogramm bis ich irgendwann einschlafe.
Ein lautes Poltern holt mich unsanft aus dem Schlaf und die Uhr zeigt bereits Mittag. Ich muss mich ersteinmal orientieren und bekomme nur beiläufig mit, dass Malte in die Stube kommt und etwas aus dem Schrank holt.
'Malte', krächze ich ihm hinterher, aber er ignoriert mich.
Noch etwas benommen vom Schlaf erhebe ich mich und laufe ihm nach.
'Was treibst du denn da?', will ich nun vom Malte wissen.
'Ich packe meine Sachen. Dann kann Till ja bei dir einziehen!', kommt es als Antwort.
'Was?... Drehst du jetzt völlig durch?', frage ich total erstaunt, 'Till und ich sind kein Paar. Wir haben uns nur unterhalten.'
Malte hört abrupt mit dem Packen seiner Sachen auf und schaut mich direkt an: 'Du hast ein Wörtchen vergessen. Das Wort NOCH! Ihr seid NOCH kein Paar und was noch nicht ist kann ja noch werden!'
'Ich verstehe dich nicht. Suchst du nach einer Ausrede hier ausziehen zu können? Oder wieso kommst du mit so einem Mist?', versuche ich normal herauszubringen, weil ich schon mit den Tränen kämpfe.
'Wenn du es so lieber hast... Vermutlich!', kommt es noch von Malte. Bevor er seine Tasche über die Schulter wirft, noch einen Karton in die Hände nimmt, um anschließend ohne ein weiteres Wort die Wohnung zu verlassen.
'Ich dachte wir sind Freunde?', schreie ich ihn noch hinterher, bevor meine Tränen ihren Weg finden und ich weinend auf Maltes Bett zusammenbrechen.
Als es irgendwann klingelt schrecke ich hoch und mein Blick fällt auf die Uhr. Ich habe keine Ahnung wie lange ich hier lag, doch will ich jetzt unbedingt wissen, wer dort an der Tür ist. Malte kann es ja unmöglich sein, da er schließlich einen Schlüssel hat.
Hastig springe ich auf und hechte zur Tür.
Als ich diese öffne fällt mein Blick auf ein großes Pflaster, was mitten in Tills Gesicht klebt.
'Äh... ich wollte mein Auto abholen', kommt es von ihm.
Doch anstatt Till zu antworten lasse ich mich in seine Arme fallen und fange an zu weinen.
'Nun mach mal halblang... wenn du den Wagen noch brauchst, kannst du ihn gerne noch behalten...', stottert Till zurecht, während seine eine Hand vertraut durch meine Haare fährt.
'Er... Er ist...', schluchze ich, bekomme aber nicht mehr heraus.
Ich spüre wie Claas sich in die Wohnung schiebt und mich mitreißt. Dann kniet er sich vor mir nieder und holt ein Taschentuch aus seiner Jacke. Während er mir die Tränen trocknet, seufzt er laut und fragt mich dann: 'Ist etwas mit Malte?'
Ich schnäuze meine Nase ins Taschentuch und nicke dabei heftig.
'Er hat seine Sachen gepackt und will ausziehen', bekomme ich nun nach erneutem Luft holen raus.
'Du musst ihn wirklich sehr lieben', platzt es aus Till raus und er schaut mir direkt ins Gesicht. Seine hellblauen Augen fixieren meine hellgrünen und für einen Moment steht die Zeit still.
Erst dann realisiere ich, was Till zu mir gesagt hat.
Ich soll Malte lieben.
Doch bevor ich etwas antworten kann, spricht mein Exfreund weiter:
'Ich hatte schon damals als wir zusammen waren keine Chancen. Malte kam immer an erster Stelle. Doch jetzt ist es einmal umgekehrt. Malte ist jetzt mit Claas zusammen.'
Ich muss kräftig schlucken und merke wie meine Knie weich werden.
'Du hast nun zwei Möglichkeiten. Entweder du behältst es für dich oder du sagst es ihm endlich!', redet Till weiter auf mich ein.
Doch im Nächsten Augenblick dreht sich alles um mich herum und mir wir schwarz vor Augen.
Als ich wieder wach werde liege ich auf meinem Bett in Tills Armen. Dieser Vertraute Geruch und diese Nähe, lassen mich in Erinnerungen schwelgen.
Einerseits ist da eine gewisse Vertrautheit da, wenn man seinem Exfreund begegnet. Andererseits fühlt man sich immer komisch.
Aber warum eigentlich?
Weil er weiß wie man nackt aussieht?
Oder weil man mit ihm Sex hatte?
Vielleicht auch weil er intimes über einen weiß, was nicht alle wissen.
Zum Beispiel wo meine empfindlichen Stellen sind.
Während ich noch darüber nachdenke, wo Tills empfindliche Stellen nochmal waren, spüre ich auch schon dessen Hände unten mein Shirt fahren und seine Finger fangen an kleine Kreise über meinen Rücken zu malen.
Eine wohlige, bekannte Gänsehaut breitet sich über meinen Körper aus.
Vertrauen und Verrat
Perspektivenwechsel Malte
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das die richtige Entscheidung war. Wegen so einer Kleinigkeit gleich meine Sachen zu packen.
Claas wollte ja schon die ganze Zeit, dass ich ausziehe und bei ihm einziehe. Aber so schnell hatte ich es nicht vorgehabt. Zumindest wollte ich für Kimi einen Nachmieter haben und vor allem mit ihm drüber reden.
Im Streit auseinander zu gehen passt nicht zu mir. Soetwas mache ich eigentlich nicht, doch da ich nochmal in die Wohnung muss, um meine restlichen Sachen zu holen, hoffe ich einfach mal, dass sich eine Möglichkeit findet nochmal über alles zu reden.
Wenn er Till noch immer liebt, dann muss ich es wohl oder übel akzeptieren. Auch wenn die Beziehung zum Scheitern vorprogrammiert ist. Die Beiden sind einfach viel zu unterschiedlich.
Seufzend gehe ich ins Treppenhaus hinein und stelle zum Bedauern fest, dass der Fahrstuhl mal wieder kaputt ist.
Also laufe ich bis in den fünften Stock und komme total außer Atem an Claas seiner Wohnung an. Oder sollte ich besser unserer Wohnung sagen?
Das klingt für mich noch viel zu neu.
Aber noch habe ich den Mietvertrag ja nicht mit unterschrieben. Claas wollte sich gleich mit dem Vermieter in Verbindung setzen. Er meinte, der wäre ganz in Ordnung, nicht viel älter als wir und ganz locker drauf. Da lass ich mich mal überraschen, was der dazu sagen wird.
Ich stelle den schweren Karton auf den Boden ab und krame in meiner Jackentasche nach meinem Haustürschlüssel.
Die Tür unten ist Tagsüber fast immer angelehnt, was eigentlich auch nicht von Vorteil ist, da so jeder ins Treppenhaus kann. Aber wenn man die Hände voll hat, kann es durchaus sehr angenehm sein.
Endlich findet der Schlüssel seinen Weg ins Schloss und ich schließe auf. Anschließend nehme ich den Karton wieder hoch und trete in die warme Wohnung ein.
'Schatz, ich bin wieder zu Hause', begrüße ich Claas freudig.
Eine ungewohnte Stille herrscht in der Wohnung. Nur leise Musik dringt aus der Stube.
Ich stelle den Karton im Flur ab und schließe die Haustür hinter mir.
'Ich habe erstmal nur ein paar Sachen mitgenommen', rede ich weiter durch die geschlossene Stubentür, 'Den Rest hole ich irgendwann später. Dann will ich auch nochmal mit Kimi reden. Wenn du dann auch mit möchtest, können wir gerne zu zweit hingehen.'
Es kommt immer noch keine Antwort von Claas, weshalb ich erstmal meine Jacke ablege und aufhänge.
Dann gehe ich zur Stube rüber und frage durch die Tür hindurch: 'Claas? Bist du da? Schläfst du?'
Es dringen komische Geräusche aus dem Zimmer. Sei sind nur leise, aber unverkennbar vertraut.
Hastig öffne ich die Tür und es biete mich ein Anblick, der mir lieber erspart geblieben wäre.
Claas sitzt auf allen Vieren auf den Fußboden und hinter ihm ein unbekannter Mann in eindeutiger Position.
Ich bin starr vor Schreck und kann mich für einen Moment nicht bewegen.
'Oh Malte, du bist schon zurück', kommt es von Claas, 'Darf ich dir Steffen vorstellen, unseren Vermieter.'
'Sehr erfreut', begrüßt mich Steffen lächelnd und zieht seinen gewaltigen Penis aus Claas heraus, 'Vielleicht hast du ja Lust mitzumachen?'
Schauer des Ekels laufen über meinen Rücken, während sich gleichzeitig Tränen in meinen Augen bilden.
Überstürzt verlasse ich die Wohnung, renne die Treppe runter auf die Straße, wo ich beinahe von einem Auto angefahren werde.
Der Fahrer schimpft mir noch hinterher: 'Pass doch auf.'
Doch ich laufe einfach weiter, bis meine Beine nicht mehr können und ich an einer Hausecke halt mache.
Mir ist auf einmal so schlecht, dass ich mich mehrfach übergeben muss. An der Hauswand gelehnt bekomme ich noch blöde Sprüche an den Kopf geworfen.
'Na, wohl zu viel gesoffen, was?', höre ich eine unbekannte Stimme hinter mir.
Doch mir ist alles egal. Sobald ich wieder bei Atem bin und mein Magen sich beruhigt hat, orientiere ich mich erst einmal.
Ich befinde mich doch tatsächlich nur eine Straße von Kimis Wohnung entfernt – unserer Wohnung – meiner alten Wohnung.
'Ach, da braucht wohl gleich noch jemand eine Stärkung', höre ich Tills Stimme neben mir und drehe mich hastig zu ihm um. 'Man oh man, du hast dich ja ganz gut übergeben', fügt dieser noch hinzu.
Dann hackt er mich ein und zieht mich mit sich in Richtung Wohnung.
'Kimi hat es vorhin auch aus den Latschen gehauen. Deshalb bin ich erstmal los und habe Brötchen geholt', erklärt Till mir und hält die Tüte vor meiner Nase.
'Wie? Was ist mit Kimi?', will ich auch gleich wissen.
'Nur mit der Ruhe. Wir sind ja gleich da. Aber keine Angst, deinem Kimi geht es gut', entgegnet Till grinsend, 'Ihr müsst euch wirklich sehr lieben.'
'Was? Wie kommst du da drauf?', frage ich erstaunt.
'Das merkt doch ein Blinder! Die Tatsache wie Eifersüchtig ihr seid, wenn der andere einen Partner hat oder wie du auf mich reagiert hast, nur weil ich nett sein wollte. Dann die Tatsache, dass ich absolut keine Chancen bei Kimi mehr habe. Trotz dass es ihm schlecht ging und ich es irgendwo ausgenutzte, bekam ich einen Korb von ihm.'
Ich klebe förmlich an Tills Lippen und lasse jedes Wort was er zu mir sagt wirken.
Als wir bei der Wohnung ankommen, hält Till kurz inne und sagt: 'Aber das mit meiner Nase klären wir noch, auch wenn ich dafür vollstes Verständnis habe.'
Aus irgendeinem Grund muss ich über diese Worte grinsen.
Doch im nächsten Moment meldet sich wieder meine Magen, vermutlich wegen der Aufregung jetzt auf Kimi zu treffen.
Ich sehe noch, dass Till mit Kimis Schlüssel die Tür öffnet und sie aufstößt bevor er in die Wohnung ruft: 'Bin wieder da.'
Ein Brummen kommt aus Kimis Zimmer und ich folge Till einfach der voraus geht.
'Ich habe jemanden mitgebracht', sagt Till und schiebt mich an sich vorbei.
Kimi sitzt mit gesenkten Kopf auf dem Bett, während um ihn herum jede Menge Taschentücher verstreut liegen. Es kommt jedoch keine Reaktion von ihm, weshalb ich auch näher an ihn herantrete.
'Kimi?', frage ich zaghaft, während ich mit den Tränen zu kämpfen habe.
Ich gehe noch näher an ihn ran und knie mich nun sogar zu ihm runter. Als immer noch nichts von Kimi kommt, nehme ich seine Hände in die meinen.
Endlich hebt er den Kopf und sieht mich erstaunt an: 'Malte?', kommt es ungläubig, 'Malte!'
Dann umschlingen mich seine zarten Arme und halten mich so fest wie schon lange nicht mehr. Ein warmes, angenehmes Gefühl breitet sich in mir aus und ich genieße es in vollen Zügen Kimis Nähe zu spüren.
Nur nebenher höre ich Till noch sagen: 'Ich lasse euch dann mal alleine.' Bevor er die Zimmertür hinter sich schließt und den nachfolgenden Geräuschen zu urteilen, Essen macht.
Nach einer ganze Weile, durchbreche ich die unangenehme Stille und erhebe das Wort.
'Es tut mir leid', versuche ich den Anfang, 'Ich...'
Doch Kimis Finger hält mich von weiteren Worten ab und seine hellgrünen Augen scheinen wie kleine Smaragde zu leuchten.
Sein Finger verschwindet und seine Lippen hauchen mir einen zaghaften Kuss auf die meinen. Dann umschlingen seine Arme mich abermals und ich höre seine leise Stimme an meinem Ohr sagen: 'Es tut Mir leid. Unendlich leid! Aber ich liebe dich. Ich liebe dich schon so lange!'
Alter Neuanfang
Vorsichtig lege ich meinen Kleinen Kimi aufs Bett, drücke ihn in die Federn und schaue ihn lange an.
'Sag doch etwas', bittet er mich, 'Sag doch endlich irgendetwas.'
Doch ich kann nicht anders, als seine Gesichtszüge anzusehen. Mit einem Finger zeichne ich seine schönen Lippen nach, die von den vielen Tränen ganz rau und trocken sind.
Kimi muss grinsen und schnappt nach meinem Finger. Sanft fängt er an daran zu saugen und zärtlich zu knabbern. Ich kann kaum ein Stöhnen unterdrücken und entziehe rasch meinen Finger aus seinen Fängen, um ihm im nächsten Augenblick meine Lippen aufzudrücken.
Erst ganz vorsichtig, fahre ich mit meiner Zunge an Kimis Lippen entlang. Der diese nur allzu gerne hineinlässt, damit sie seine Mundhöhle erkunden kann. Dann stupse ich seine Zunge an und liefere mir mit ihr einen wilden Kampf, der immer heftiger zu werden scheint.
Ein Klopfen unterbricht uns und ich lasse schwer atmend von meinem Freund ab.
Grinsend liegen wir nun nebeneinander und rufen wie aus einem Mund: 'Herein.'
Etwas zögerlich geht die Tür auf und Till schaut durch den Türspalt vorsichtig hinein.
'Störe ich?', will er von uns wissen und ich kann nicht anders als mit 'Ja!' zu antworten.
Dann müssen Kimi und ich laut loslachen, weil Tills Gesichtsausdruck einfach zu komisch ist.
'Ha ha', kommt es genervt von ihm, 'Oh Gott seid ihr kindisch! Kriegt euch mal wieder ein. Ich habe den Tisch für euch gedeckt, bevor ihr irgendwelche körperlichen Anstrengungen vornimmt, solltet ihr euch erstmal stärken!'
Mit diesen Worten schlägt er die Tür auf und geht wieder in den Flur zurück. Dort hört man, dass er einen Schlüssel auf den Tisch legt und seine Jacke raschelt.
'Ich lass euch zwei Turteltauben dann mal alleine. Aber treibt es nicht zu bunt', sagt Till noch zu uns, 'Ach ja, bevor ich es vergesse. Malte, wenn du Kimi weh tun solltest, bekommen wir zwei nochmal Ärger miteinander. Ansonsten vergesse ich das mit meiner Nase einfach.'
Mit diesen Worten schlägt auch schon die Haustür ins Schloss und Kimi und ich müssen nocheinmal prustend loslachen.
'Was denkt der eigentlich? Das wir gleich übereinander herfallen?', fragt mich Kimi skeptisch, als wir uns wieder eingekriegt haben.
'Sieht wohl so aus', kann ich nur antworten.
'Ist ja nicht jeder so notgeil wie er', kommt es noch von meinem Freund, bevor er sich erhebt, um in Richtung Küche zu gehen.
'Sag mal', halte ich ihn zurück, 'Hat er dich wirklich vorhin angegraben?'
Kimi dreht sich zu mir um und nickt zustimmend: 'Ja, er hat mich getröstet und auf einmal war alles so vertraut. Da dachte er wohl, er könne es nochmal versuchen. Bloß hätte er den Fehler nicht machen dürfen, mich vorher über meine Gefühle für dir aufzuklären.'
Dann lächelt er mich mit seinem bezaubernsten Lächeln an und zieht mich mit in die Küche: 'Komm, ich hab einen Bärenhunger!'
Als wir dann endlich am Küchentisch sitzen und die Brötchen essen, wie schon so oft. Wird mir bewusst, dass das hier schon viel früher hätte sein können.
'Warum haben wir nie etwas davon bemerkt, dass wir uns lieben?', frage ich Kimi, der ersteinmal seinen Mund leermachen muss, um mir antworten zu können.
'Keine Ahnung!... Vielleicht weil wir immer die besten Freunde waren und nie bemerkt haben wann es in Liebe umgeschlagen ist', versucht er mir zu erklären.
'Ja, vermutlich hast du recht. Aber nun, dank Till, können wir endlich zusammen sein', entgegne ich.
Kimi lächelt mich total verliebt an, doch im nächsten Augenblick stutzt er und will von mir wissen: 'Wieso bist du eigentlich wieder hier? Warum bist du denn nicht bei Claas?'
Während wir langsam anfangen gemeinsam den Tisch abzuräumen, erzähle ich ihn die ganze Geschichte – dass ich schon die ganze Zeit ein schlechtes Gefühl hatte, ihn hier so im Streit zurück gelassen zu haben. Mein Sprint, nachdem ich Claas mit dem Vermieter erwischt habe und natürlich wie Till plötzlich neben mir stand und mich kurzerhand mitgeschleift hat.
Als ich endlich fertig mit dem erzählen bin, finde ich mich in Kimis Bett wieder und mein kleiner ist eng an mich gekuschelt.
'Deine Sachen müssen wir die Tage noch bei Claas abholen und ihm seinen Schlüssel wiedergeben', kündigt dieser mir an.
'Wir?', frage ich zaghaft an.
'Natürlich wir! Denkst du etwa ich lasse dich alleine in die Höhle des Löwen?', entgegnet Kimi mir, 'Womöglich streucht dieser perverse Vermieter da noch herum.'
Kaum hat er diese Worte ausgesprochen, kann ich kaum an mir halten und muss lachen.
'Pervers ist gut. Die waren doch nur intim miteinander. Hatten Sex', erkläre ich grölend.
Natürlich ernte ich einen ernsten Blick von meinem Freund, weil ich über ihn lache. Doch schnell schlägt sein Gesichtsausdruck um und er grinst mich schelmisch an: 'Sie waren intim?... Magst du mir das mal zeigen?'
'Nichts lieber als das!', antworte ich und ziehe ihn noch enger an mich, wobei meine Lippen schon wieder die seinen suchen und meine Hand auf Wanderschaft geht - Vertrautes Neuland erkunden!
~Ende~