4. Türchen
4. Türchen
Als Marc das Gespräch annahm, merkte ich gleich an seiner Stimme, dass er wohl irgendwie doch sauer auf mich war, weswegen auch immer. Denn ich war mir keiner Schuld bewusst und dennoch wollte ich, dass nichts zwischen uns stand.
Allein, wie er meinen Namen aussprach, bescherte mir eine Gänsehaut.
''Hey Marc... also, irgendwie... wegen gestern'', begann ich und holte erst mal tief Luft, ''Falls ich etwas falsch gemacht habe, dann tut es mir leid.
Irgendwie hatte ich mich auf einen schönen Tag mit dir gefreut und nun ja...''
Boah, war das schwer, die richtigen Worte zu finden.
''Vielleicht können wir das ja nachholen? Zumindest würde ich gerne persönlich mit dir reden und nicht so unpersönlich am Telefon.''
Während ich sprach, ging ich hinaus auf meine Dachterrasse, wo ich mir eine Zigarette ansteckte. Es war noch angenehm warm und ich setzte mich auf einen der Liegestühle, lehnte mich zurück und überschlug die Beine.
Mein Blick glitt über die Stadt und ich merkte deutlich wie einsam ich war. Warum konnte er jetzt nicht einfach hier sein, mit mir herumalbern und lachen. So, wie wir es sonst immer gemacht hatten.
Nein, er hatte ja jetzt Celine und obwohl sie Engelsgleich war, mochte ich sie nicht. Irgendwie hatte ich das Gefühl, sie könnte ihm nicht alles geben, nicht das, was ich an Liebe für ihn empfand. Doch war das einzig allein seine Entscheidung. Wenn es sein Wunsch war, so würde ich halt nach wie vor nur sein bester Freund sein.
Nicht mehr und auch nicht weniger.
Gut, okay, ich nahm mir teilweise zu viel raus und vielleicht war er deswegen gestern so gewesen. Vielleicht hatte ich Celine unterschätzt und es war dieses Mal etwas ernstes... etwas sehr ernstes womöglich.
Ich vermisse dich!, lag mir auf der Zunge und doch sprach ich es nicht aus, weil es falsch war, obgleich er von meinen Gefühlen wusste.
Nur vermisste ich ihn wirklich, nämlich als meinen Freund, meinen Besten.
*-*-*
Felix′ Stimme vernehmend, hörte ich seine Worte, die er an mich richtete, doch hatte ich gerade ganz andere Sachen im Kopf... immerhin änderte sich mein Leben gerade von heute auf morgen... so rasend schnell. Ich mein, eben war man noch so arm, dass man sich gerade so was zu Essen kaufen und die Rechnungen bezahlen konnte und nun... so quasi von einer Sekunde auf die nächste... waren meine Mutter und ich ….reich.
Das musste ich erst mal verarbeiten und wahrscheinlich auch erst mal eine Nacht drüber schlafen.
Dennoch antwortete ich ihm so ruhig und vernünftig wie möglich:
"Felix, ja, du hast etwas falsch gemacht... andauernd baggerst du mich an, aber ich will das nicht, verstehst du. Ich bin mit Celine zusammen und glücklich mit ihr.
Natürlich weiß ich von deinen Gefühlen mir gegenüber, aber ich kann und werde diese niemals erwidern, denn ich stehe nun mal nicht auf Männer, außerdem liebe ich Celine sehr und werde sie bald hierher, nach England, holen.
Apropos England... so schnell wird es wohl nichts mit einem Treffen und einer Aussprache zwischen uns, denn ich werde hier in England bleiben. Meine Mutter und ich haben geerbt und werden von nun an, das Anwesen meines verstorbenen Onkels, den ich nicht mal kannte, bewohnen.
Außerdem muss ich mich nun mit der Firma meines Onkels befassen, da meine Mutter und ich jetzt die Chefs sind. Das heißt, ich habe sehr viel zu tun und zu lernen, aber wir werden uns sicher bald wieder sehen und können dann miteinander reden."
Meine kleine Erklärung beendet dachte ich daran mich doch kurzfristig mit Felix zu treffen... mich gegebenenfalls mit ihm auszusprechen und ihm sein Geld, das er meiner Mutter immer wieder zugesteckt hatte, zurück zu geben.
Felix war zwar mein Freund und ich mochte ihn auch, aber dass er meiner Mutter immer wieder Geld zugesteckt hatte... ohne meines Wissens... warum auch immer... enttäuschte mich. Er hätte es mir auch sagen können... aber nein... heimlich muss es sein... Marc kann zwar alles essen, muss aber auch nicht alles wissen, was???!!!
Ja, das war etwas, das ich ihm sehr übel nahm... und meiner Mutter irgendwie auch ein wenig, doch würde ich darüber mit ihr noch ausgiebig reden.
Sicher, er hatte es bestimmt nicht böse... es sogar gut gemeint... aber... warum, verdammt noch mal, durfte ich dann davon nie etwas wissen?
"Also gut,", schlug ich vor: "...wir werden uns so bald wie möglich sehen, aber ich brauche hier noch etwas Zeit, um mich einzugewöhnen und dann sag ich dir Bescheid, wann wir uns treffen können. Einverstanden?"
In der Zwischenzeit würde ich meine Mutter über die Summe befragen, die sie von Felix bekommen hatte, dann alles ausrechnen und ihm dann seine Almosen zurückgeben.
Natürlich könnte ich das auch meinen Anwalt erledigen lassen... aber nein, das wollte ich nun schon allein tun und ihm dann auch gleich meine Meinung dazu sagen... ihn gewissermaßen zur Rede stellen.
Nein, ich wollte Felix, als guten Freund, nicht verlieren, nur... gefielen mir einige Sachen nicht und darüber würden wir in Ruhe reden müssen. Ich wollte eben einfach sein Geld nicht und ich wollte auch nicht, dass er mich weiterhin an grub. Bekanntlich gibt es nicht nur eine Hand voll, sondern ein ganzes Land voller Männer und da würde doch wohl einer dabei sein, der die Chance bekäme.... Felix′ große Liebe zu werden...
*-*-*
Während Marc mit mir sprach, verstand ich zwischendurch nur Bahnhof.
''England...?'', hörte ich mich mittendrin sagen, doch da erklärte er es mir bereits und ich fiel beinahe aus allen Wolken, dass er dort hinziehen wollte.
Sicher freute ich mich für ihn, sogar sehr, nur die Tatsache ihn nicht mehr alle Nase lang sehen zu können, schmerzte sehr.
''Ich freue mich für dich. Es musste ja irgendwann mal etwas passieren, dass es Bergauf geht...'', meinte ich und schwieg kurz.
''Honey... ähm, Marc... wenn du mir sagen kannst, dass du wirklich glücklich mit ihr bist, werde ich deinen Wunsch respektieren und mich zurückhalten. Aber ich würde mich schon freuen, wenn wir uns bald sehen. Zumal, wenn du nach England ziehst, wird es so oder so selten sein, dass wir etwas miteinander unternehmen können'', kam es sehr ernst von mir, doch schwang auch etwas Traurigkeit mit bei den Worten, was ich unmöglich unterdrücken konnte.
So direkt hatte er es mir noch nie gesagt und ich wusste nicht, wie ich reagieren würde, wenn ich es nicht am Telefon von ihm zu hören bekam.
Ein dicker Kloß machte sich in meinem Hals breit und ich hatte echt zu kämpfen. Doch ich liebte ihn und würde seine Entscheidung akzeptieren. Alles war besser, als ihn als Freund zu verlieren. Da blieb ich lieber sein ewiger Schatten. Allein daran, ihn nicht mehr liebevoll Honey zu nennen, würde ich mich noch gewöhnen müssen.
Noch während ich mit meinem besten Freund telefonierte, klingelte es an meiner Haustür, also verließ ich die Dachterrasse und drückte den Summer.
Ich war mit Niemandem verabredet und Marc war ja in England, also war ich schon neugierig, wer mich da besuchen kam. Während ich mich gegen die Haustür lehnte, um sie offen zu halten, beobachtete ich den Fahrstuhl, der sich in Bewegung gesetzt hatte.
''Es hat gerade geklingelt'', setzte ich Marc in Kenntnis, ''Meldest du dich dann bei mir? Für dich finde ich immer Zeit.''
Die Tür des Fahrstuhls ging auf und es war der Chef meiner Modellagentur Manuel Uphoff. Er hatte selbst noch bis vor kurzem gemodelt, war 27 Jahre alt und er sah verdammt gut aus. Nur gering größer als ich, mit schwarzen, stets akkurat kurz geschnittenen Haaren und bernsteinfarbene Augen. Im Grunde ein Traum von einem Mann... nur eben nicht mein Traum.
*-*-*
Natürlich hörte ich, dass Felix traurig war, doch änderte dies nichts an meinem Vorhaben und auch nichts an meiner Einstellung.
"Ja, ich liebe Celine und bin sehr, sehr glücklich mit ihr. Felix, ich weiß, dass du jetzt sicher sehr traurig bist, aber was würde es dir bringen, würde ich dir sagen, dass ich dich liebe... obgleich dies nicht der Wahrheit entspricht? Das wäre gelogen und ich will meinen Freund, ergo dich, nicht belügen. Wir werden immer Freunde sein und bleiben, aber ich liebe Celine und daran wird sich nichts ändern. Bitte, versteh das.", hatte ich meinem Freund geantwortet, als er meinte, dass es wohl bei ihm geläutet hätte.
"Ist okay, ich melde mich dann bei dir, wann und wo wir uns treffen können. Bis denn dann... machs gut.", erwiderte ich noch und verabschiedete mich gleichzeitig von ihm.
Ich legte anschließend auf und schaute meine Mutter an.
"Mum, ich werde in den nächsten Tagen Felix besuchen und du sagst mir bitte, wie viel Geld Felix dir gegeben hat, das werde ich ihm dann zurückgeben. Immerhin können wir es jetzt ja wohl...
Überhaupt... dass ihr dies vor mir zurück gehalten und verheimlicht habt... echt, das nehme ich euch übel. Warum durfte ich davon nichts wissen, hm?", stellte ich meine Mutter nun zur Rede.
"Mensch Marc, wir wollten einfach nicht, dass du dir Sorgen machen musst und wir haben es sicher nicht böse gemeint.", ereiferte sich meine Mutter nun: "Felix hat es nicht böse gemeint, als er mir immer wieder Geld zugesteckt hat und es sollte auch sicher nicht wie ein Almosen aussehen. Nur... wie hätte ich uns denn durchbringen sollen?
Anfangs wollte ich das Geld auch gar nicht, weil es peinlich und unangenehm war, aber im Laufe der Zeit habe ich es dann doch zu schätzen gewusst, dass uns Felix geholfen hat.
Du kannst ihm das Geld gerne zurückgeben... ich glaube es waren so um die 1500 Euro... aber bitte, wirf ihm das nicht vor. Der Junge hat ein gutes Herz und wollte uns wirklich nur helfen.", erklärte mir meine Mutter und so langsam verstand ich alles, nur hatte ich von meiner Mutter gelernt, dass man immer offen und ehrlich sein soll und das trat sie gerade mit Füßen.
Mir ging es einfach ums Prinzip, ich wollte nicht belogen werden und verheimlichen hätten sie mir auch nichts müssen, immerhin bin ich ja kein kleines Kind mehr.
"Im Übrigen..", sprach meine Mutter weiter: "...ich werde hier nicht her ziehen. Ich kann die Sprache nicht und mit Mode und dieser Firma kenne ich mich auch nicht aus. Wir sollten den Anwalt... Dr. Peters anrufen und ihn befragen.
Ich will hier nicht leben, denn ich würde irgendwann Heimweh bekommen. Ich brauche meine Stadt... mein Land und dahin will ich zurück. Meinetwegen kannst du die Firma leiten und irgendwie teilen wir uns das dann auf."
Da waren sie schon die ersten dunklen Wolken... am Himmel des Glücks. Meine Mutter wollte zurück... mein Freund war traurig... und ich.... wollte das alles hier... kannte mich aus und war mehr als bereit alles zu lernen. Nun, da hatte ich wohl was mit meinem Onkel gemein.
Nach kurzer Überlegung antwortete ich meiner Mutter: "Gut, wir werde den Anwalt hinzuziehen und eine Lösung finden. Entweder zahle ich dir dein Erbe aus, oder aber ich lasse dir monatlich eine gewisse Summe zukommen."
"Dann würde ich den zweiten Vorschlag nehmen, das wäre mir, ehrlich gesagt, lieber, so dass ich mir eine Wohnung leisten kann."
"Dann können wir dir doch eine Eigentumswohnung kaufen und du bräuchtest keine Miete mehr zu zahlen."
Meine Mutter nickte, kam dann auf mich zu und umarmte mich.... ich umarmte sie nun ebenfalls. So standen wir eine ganze Weile da...
*-*-*