20. Türchen
20. Türchen / 4. Advent
Irgendwann, ich hatte eh nichts gegessen, nur den Kaffee getrunken, stand ich auf, ging ins Bad, das an meinem Schlafzimmer angrenzte, und duschte mich kurz ab. Anschließend trocknete ich mich ab und zog mich im Schlafzimmer an.
Meine Haare kämmte ich noch, schaute dabei in den Spiegel und sah zwei traurige Augen.
So setzte ich die Sonnenbrille auf, um cool zu wirken, mir wirklich nichts anmerken zu lassen und damit Felix möglichst nicht meine traurigen, verheulten Augen sehen konnte.
So verließ ich mein Zimmer, machte mich auf ins Wohnzimmer, betrat es und sah Felix am Tischen sitzen... frühstückend.
"Guten Morgen, Felix.", begrüßte ich ihn mit einem Lächeln, obgleich mir nicht danach zumute war: "Hast du gut geschlafen?", fragte ich meinen Freund abschließend, wobei ich mich zu ihm auf die Couch setzte.
Nein, ich würde nichts über die vorige Nacht oder über alles andere verlauten lassen, würde schweigen, wie ich es mir vorgenommen hatte.
"Du siehst toll aus, bist du dann bereit mit in die Firma zu kommen?", wollte ich von Felix wissen und lächelte sanft.... ließ mir nichts anmerken.
"In einer viertel Stunde ist die Limousine da.", gab ich gedankenverloren von mir.
Mein Handy zog ich aus der Hosentasche und rief Pete an, da ich ihm kurz Bescheid geben wollte, dass ich Felix mitbringen würde und erklärte ihm auch alles weitere. Nachdem wir uns verabschiedet hatten, legten wir auf.
*-*-*
Als Marc das Wohnzimmer betrat, stutzte ich schon, weil er eine Sonnenbrille trug. Jedoch fragte ich nicht nach, dachte an letzte Nacht und vermutete, er wollte sein müdes Gesicht verbergen. Aus Angst, die letzte Nacht würde zur Sprache kommen, unterließ ich es also zu fragen, warum er eine Sonnenbrille trug.
''Guten Morgen, Marc. Ich habe recht gut geschlafen und du?'', gab ich anstandshalber von mir. Auch wenn es nicht gelogen war, da in meinen Träumen immer alles schön war.
Sein Kompliment versuchte ich nicht an mich herankommen zu lassen und nickte nur.
''Ich bin voller Tatendrang und kann es kaum erwarten'', lächelte ich zurück.
Während er telefonierte, trank ich meinen Kaffee leer, verschwand nochmal im Bad, wo ich meine Haare nochmals richtete, die Zähne putzte und für den letzten Schliff sorgte. Pünktlich war ich wieder unten und startbereit mit Marc zur Firma zu fahren.
Etwas nervös war ich wohl, aber es hielt sich in Grenzen, denn ich wollte das hier unbedingt schaffen und wenn Pete es so genau nahm, sollte er mich in Perfektion erleben. Mein Entschluss stand fest. Ich wollte Pete von meinen Modellkünsten überzeugen.
*-*-*
Felix verschwand kurz, wahrscheinlich um sich noch den letzten Schliff zu verpassen, während ich mich ans Fenster stellte und nachdenklich hinaus sah. Die Sonnenbrille, so nahm ich mir vor, würde wohl zu meinem ständigen Begleiter werden... ob Sommer oder Winter... Frühling oder Herbst...
Es war trübe draußen, aber nicht regnerisch und als Felix, wieder ins Zimmer kam, drehte ich mich um, nickte ihm zu.
"Na, dann gehen wir.", sprach ich und machte mich mit Felix zusammen auf den Weg nach draußen, wo die Limousine schon auf uns wartete.
Gemeinsam stiegen wir ein und ich ließ uns zur Firma fahren. Während der Fahrt schwieg ich meistens... doch hatte ich auch ab und zu ein paar aufmunternde Worte für meinen Freund übrig... wusste einfach, dass er es schaffen würde... glaubte fest daran.
Nach einer dreiviertel Stunde erreichten wir die Firma und stiegen aus, meinen Chauffeur wies ich an zu warten... aber eigentlich kannte er das ja schon... nur ich schien etwas neben der Spur zu sein, wollte es mir aber nicht anmerken lassen.
Das Gebäude, das der Firma gehörte, war riesig, schien beinahe ein Wolkenkratzer zu sein, so dass selbst ich immer wieder staunend davor stand, bevor ich mit Felix das Gebäude betrat.
Natürlich war alles in dem Gebäude von einem edlen Design... sicher, wie wäre es denn sonst rüber gekommen... wenn es schlicht ausgesehen hätte?
Gemeinsam betraten wir den Fahrstuhl und fuhren hoch zur obersten Etage. Mit einem kling öffneten sich die Türen wieder und wir standen in der Chefetage, wo uns auch schon Pete entgegen kam.
Pete war ein Mann von 45 Jahren, mit langen roten Haaren, die nach hinten zu einem Zopf zusammen gebunden waren. Er hatte grüne Augen, die sich in einem sehr männlich – markanten Gesicht befanden, war von großer, sehr stabiler, aber nicht dicker Statur. Er trug meist sehr ausgefallene Sachen und war sehr exzentrisch, aber total okay, wenn man ihn verstand.
"Hallo, ihr Zwei.", begrüßte er uns, wand sich dann an Felix: "So, sie sind also Felix Bambrosi, der Sohn unserer Konkurrenz. Na, macht nichts. Ich bin Pete und freue mich sie kennen zu lernen.
Wie mir Herr Siebert sagte, wollen sie sich hier bei uns als Modell bewerben. Gut, ich werde sie prüfen und dann entscheiden. Vom ersten Eindruck her, bin ich schon mal sehr angetan von ihnen und würde ihnen den Job sofort geben, aber... warten wir es ab, wie es um ihr Talent bestellt ist.
Sind sie bereit?", wollte Pete, mit einem Lächeln, wissen.
"Herr Siebert, sie werden im Büro erwartet. Keine Sorge, ich tue ihrem Freund nichts und bringe ihn wohlbehalten zu ihnen zurück.", sprach er mich an, grinste dann Felix an: "Wir kommen schon klar, nicht.", sprach er freundschaftlich zu ihm.
Ich schaute Pete an und wunderte mich schon, denn sonst war er immer eher skeptisch... aber Felix schien ihm auf den ersten Blick sympathisch zu sein.
"Kommen sie mit mir, Herr Bambrosi... oder möchten sie Felix genannt werden? Möchten sie vorher etwas trinken? Oder kann ich ihnen irgendetwas Gutes tun?", wollte Pete noch wissen, bevor ich mich ins Büro begab und er sich mit Felix auf den Weg in die dritte Etage machte... um ihn dort auf die Probe zu stellen.
*-*-*
''Hallo'', begrüßte ich Pete und gab ihm höflich die Hand. Seine direkte Art gefiel mir auf Anhieb und es war okay, dass Marc offenbar arbeiten musste. Mit Pete würde ich schon klarkommen.
''So bereit war ich noch nie'', antwortete ich schelmisch und begab mich in Petes Hände.
Auf seinen Spruch hin, dass er mich wohlbehalten zu Marc zurückbringen wollte, erwiderte ich sein Grinsen.
''Felix reicht vollkommen. Bleiben wir beim Sie oder soll ich einfach Pete sagen?'', wollte ich wissen, da es schließlich unhöflich wäre, ihn einfach zu duzen.
''Wenn es okay ist, würde ich gerne anschließend etwas Trinken und jetzt einfach nur zeigen, was ich kann'', meinte ich offen und folgte Pete in die dritte Etage.
Natürlich wusste ich, was von mir erwartet wurde und zeigte mein Können. Als wäre ich ein Superstar schritt ich über den Laufsteg, bereit es Manuel zu zeigen, aber vor allem jetzt erst mal Pete. Vorher hatte ich aus einigen Anzügen ausgewählt und war nur wenig geschminkt worden. Viel brauchte es bei meinem Aussehen ohnehin nicht.
Mit anschließenden perfekten Posen, die für jeden Fotografen die pure Lust dargestellt hätten, beendete ich meine Show.
Immerhin beherrschte ich Laufsteg und Fotoshootings im Schlaf.
Vielleicht war es besser gewesen, ohne Marc hier Pete vorzuführen, was ich konnte. So musste ich nicht an ihn denken und litt keinen Herzschmerz. Sollte es hier nicht klappen, wäre Schauspielern wohl die nächste Herausforderung. Aber ich schaffte es tatsächlich mein Herz zu überlisten und mein Kopf strahlte Glück aus, was gar nicht vorhanden war.
Vermutlich war es einfach der Reiz, hier bei der Konkurrenz meiner Eltern, die tollsten Anzüge zu tragen und in Zukunft mit jenen zu arbeiten, die ich vergötterte. Ein Traum lag vor mir, mein Traum und ich wollte diesen Leben.
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